archivierte Ausgabe 1/2013 |
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Johannes Bunnenberg |
Tradition: Unendlich kostbar – und zugleich ambivalent |
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Was wären wir ohne Tradition! Ausgesetzte, verwahrloste Kinder, die gleichsam am Nullpunkt anfangen müssten – ohne Herkunft, ohne Kultur, ohne Identität, ohne Orientierung. Glücklicherweise sind wir in der Kirche hineingeboren in eine Tradition; sie ist wie Beheimatung, Verankerung, Lebenselement, Leitplanke, Wegweiser. Sie stellt einen großen Schatz an Erfahrungen und Erkenntnissen dar, an dem wir teilhaben. Vor allem verbindet sie uns mit den maßgeblichen Zeugen und Zeugnissen unseres Glaubens – von Abraham über Jesus von Nazaret bis hin zu den Heiligen unserer Zeit, von den Schriften der Hebräischen Bibel über das Neue Testament bis hin zur großen geistlichen Literatur in der Kirchengeschichte. In der Liturgie und im christlichen Zusammenleben begegnet uns die Tradition als emotionale Heimat, in der Theologie als Erkenntnisprinzip, in der praktischen Nachfolge Jesu als Anregung, Leitbild und Halt.
Zweifellos: die Tradition ist unendlich kostbar, sie ist wie ein reichhaltiger Lebensstrom, der uns nährt, der uns erfreut, der uns voran trägt. Doch es gibt auch die andere Seite: Erstarrung in vergangenen Stadien, Verengung in nebensächlichen Ausprägungen, Verflachung in Nostalgie, bequemes Sich-Einrichten im Bekannten, Reduzierung auf Museales. Es ist und bleibt eine Versuchung, dass Tradition sich nach rückwärts orientiert, bestimmte Umsetzungen des Ursprungsimpulses mit dem Ursprung selbst verwechselt und geschichtlich bedingte und kulturell begrenzte Traditionen (Plural!) für unantastbar erklärt werden. Aus der Tradition, die lebendig strömt und die Berührung mit der Quelle herstellen will, wird dann eine Art Altarm, der stillsteht und statt sprudelndem nur abgestandenes Wasser bietet. Wo und wie auch immer bestimmte Formen des Glaubens zu absoluten Größen hochstilisiert werden, wird der Blick auf den göttlichen Ursprung, der umfassender ist, verstellt.
Für Yves Congar OP (1904–1995)1 war die Tradition ein zentrales Thema seines theologischen Schaffens. Dies entspricht dem geschichtlichen Denken, das er gegen eine Neuscholastik, die sich tendenziell in einem zeitlosen Horizont zu bewegen meinte, als Grundzug der Theologie zu etablieren suchte. Geschichtlichkeit beinhaltet unvermeidbar Relativierung, insofern nicht eine bestimmte Ausdrucksform des Glaubens als unveränderliche Endfassung für alle Zeit als einzig gültige Gestalt gelten kann. Auf der anderen Seite öffnet die Geschichtlichkeit für eine Umsetzung im jeweiligen kulturellen Kontext, für ein Eingehen in unterschiedliche Mentalitäten und Denkweisen. Die Inkarnation Christi fordert dazu heraus, dass der Glaube je neu Fleisch wird.
Für Congar ist es elementar, Tradition nicht nur als Kategorie des Vergangenen aufzufassen, sondern ihre innere Dynamik auf Entwicklung hin herauszustellen. Sein Traditionsbegriff atmet Offenheit und Weite, umfasst das Bewusstsein nötiger Aktualisierungen und ist ausgerichtet auf die Zukunft. So grundlegend, unüberbietbar und bleibend gültig daher die Person Jesu Christi ist, auch in Bezug auf ihn gilt: Jesus Christus ist eine geschichtliche Gestalt, die mit einem Land, einer Sprache, einer Kultur in einer zeitlich umrissenen Periode verknüpft ist, und erst recht sind die Zeugnisse, die wir über ihn haben, soziokulturell geprägt. [...]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.
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