archivierte Ausgabe 3/2015 |
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Alexis Fritz |
Caritas am Gängelband des Sozialstaates oder Marktes? |
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Die durch die Nächstenliebe gebotene Hinwendung zu den armen und bedürftigen Menschen war und ist einer der originären Impulse für die christliche Sozialethik. Von Anfang an war die diakonische Praxis Teil der Identität des Christentums. In den frühkirchlichen Gemeinden verstand man darunter zunächst und zu allererst eine konkrete Hilfe zur Beseitigung der Not oder Linderung des Leids von Menschen. Erst später ging es auch darum, politische und gesellschaftliche Strukturen wie Ordnungen zu hinterfragen und das eigene Verhältnis zu diesen zu klären. Ein wichtiger Katalysator dieser Entwicklung war, dass die Kirche seit der so genannten „konstantinischen Wende“ die gesellschaftliche Ordnung zunehmend mitgestaltete und somit für diese mitverantwortlich war.
Not sehen, handeln ... und urteilen
Die spezifische Gestalt der karitativen Praxis erforderte eine ihr angemessene Form kritischer Reflexion. Hierbei wurde nicht immer streng nach dem methodischen Dreischritt Sehen-Urteilen-Handeln vorgegangen. Das eine Mal holte die (sozialethische) Reflexion kirchliches Liebeshandeln ein, das andere Mal dachte sie dieses voraus. Das enge Verhältnis bzw. die Wechselbeziehung zwischen karitativem Handeln der Kirche und sozialethischem Denken lässt sich anhand des deutschen Sozialkatholizismus des 19 Jh. – eine Initiative desselben ist der von Lorenz Werthmann im Jahre 1897 gegründete Deutsche Caritasverband – und der christlichen Sozialethik darstellen. Hundert Jahre nach seiner Gründung beschloss der Caritasverband in seinem Leitbild, sein Handeln nach den Grundsätzen der christlichen Sozialethik auszurichten. Die moderne Sozialethik versteht sich laut Wilhelm Korff als „Strukturethik“. Sie bestimmt und bewertet ethisch gesellschaftliche Ordnungsstrukturen, die menschliches Handeln normieren. Das „sozialethische Grundprinzip“ kann in Anlehnung an die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes (Nr. 25) wie folgt definiert werden: Ursprung, Träger und Ziel aller sozialen Institutionen ist und muss die menschliche Person sein.
In diesem Beitrag sollen die wohlfahrtsstaatlichen Strukturen und die marktwirtschaftliche Einbettung kirchlicher Nächstenliebe kritisch überprüft werden. Das verbandlich organisierte karitative Engagement ist Lebensvollzug der Kirche. Die vielschichtige Kooperation mit und partielle Integration kirchlicher Aktivitäten in sozialstaatliche/n oder marktwirtschaftliche/n Systeme/n sind für die Caritasidentität Verwirklichungschance und Gefahr zugleich. Die Nähe zum Sozialstaat und Markt wird im ersten Abschnitt als ernste Herausforderung für die Glaubwürdigkeit kirchlicher Liebespraxis problematisiert. Anschließend werden zwei zueinander konträre Strategien besprochen, wie unter den gegenwärtigen Bedingungen diakonisches Handelns glaubwürdig bleiben kann. Abschließend wird auf drei konkrete Möglichkeiten hingewiesen, mit denen das Selbstverständnis kirchlich karitativer Aktivitäten erhalten werden kann.
Anwalt, Dienstleister und Solidaritätsstifter
Für gewöhnlich kommuniziert der Deutsche Caritasverband seine zentralen Aufgaben als Anwalt und Partner benachteiligter Menschen, Anbieter sozialer Dienstleistungen und Stifter von Solidarität. Diese drei Aufgaben haben zum Ziel, den Menschen in seiner Würde zu schützen. Die Auswahl dieser Aufgaben ist im Wesentlich durch das Leitbild des Deutschen Caritasverbandes und seiner Satzung gedeckt, wenn auch die Trias mit ihrer augenscheinlichen Gleichrangigkeit so nicht zu finden ist, und auch andere nicht weniger zentrale Aufgaben angeführt werden.
Der Caritasverband ist herausgefordert, unter den gegebenen Bedingungen den selbst gestellten Aufgaben nachzukommen. Von verschiedenen Seiten wird ihm vorgeworfen, „kein kreativ herausforderndes Gegenüber zu Staat und Wirtschaft, sondern selbst Teil dieser Ordnungen“ zu sein. Durch die offensichtliche Sozialstaats- und Marktnähe habe die Caritas den hilfebedürftigen Menschen nicht mehr im Fokus ihres Handelns. Dabei werde nicht nur mit dem bereits genannten sozialethischem Grundprinzip gebrochen. Zusätzlich sei die kirchliche Caritas mit ihren Aktivitäten von anderen Wohlfahrtsverbänden und social entrepreneurship nicht mehr zu unterscheiden und somit austauschbar. Es werde immer schwerer, die Einrichtungen und Dienste der Caritas als Ausdruck christlicher Nächstenliebe zu sehen.
Tatsächlich ist die Caritas als einer von sechs Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege eine Säule staatlicher Sozialpolitik. Als Erbringer von sozialen Dienstleistungen bildet sie gemeinsam mit den Leistungsempfängern und Kostenträgern das so genannten „sozialrechtliche Dreieck“. Durch die Expansion des Sozialstaates vergrößerte sich der Deutsche Caritasverband. Heutzutage arbeiten beruflich 590.401 Menschen in den 24.248 Einrichtungen und Diensten, die der Caritas bundesweit angeschlossen sind. Das sind Krankenhäuser, Sozialstationen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Kindertagesstätten, Jugendheime, etc. Im Vergleich dazu sind der Anteil der Katholik(inn)en innerhalb der Gesamtbevölkerung und die Zahl der Ordensangehörigen konstant rückläufig. Die Caritas konnte dort ihre Arbeitsfelder ausbauen, wo Dienstleistungen von der öffentlichen Hand getragen wurden. Dem Freiburger Religionssoziologen Michael Ebertz zufolge wurde hier kirchliches Organisationsgeschehen durch sozial staat liches Interesse gesteuert. Mit ihm kann gefragt werden, ob die symbiotische Verbindung zwischen Sozialstaat und kirchlichem Wohlfahrtsverband, letzteren „nicht unter eine fremde Logik“ zwingt und das Selbstverständnis von „Caritas“ bedroht. [...]
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