archivierte Ausgabe 4/2004 |
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Regina Ammicht Quinn |
Die Schule der Gottlosigkeit |
Gewalt, Körper, Sexualität und das Problem der Andersheit |
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Der Folterer heißt Dulics. Er ist ein kleiner, eher bedeutungsloser Geheimpolizist in seinem ,Arbeitszimmer‘ in der Unterwelt einer Stadt, die, wie häufig bei Aleksandar Tišma, Novi Sad heißen könnte. Das Opfer heißt Ostojin. Er ist ein siebzehnjähriger Junge, der regierungsfeindliche Parolen and die Wand geschmiert hat und nun seine Mittäter verraten soll. Dulics tut seine Arbeit – nicht ganz bei der Sache an diesem Tag, denn zu Hause ist sein kleiner Sohn, schwach und kränklich von Geburt an, schwer krank. Die verstörte und weinende Frau, mit der Dulics in einer Arbeitspause am Telefon spricht, kann die Diagnose Scharlach nicht einmal richtig aussprechen und stammelt nur wirr von der Meinung des Arztes, das Kind sei nun in „Gottes Hand“: „Wenn er bis zum Abend durchhält, ... dann wird er’s überstehen.“
Gottlosigkeit lehren und lernen
Die Arbeit aber geht vor, und in seinem ,Arbeitsraum‘ nimmt Dulics die Schönheit des Jungen wahr, die etwas „Mädchenhaftes“ hat, eine „verführerische Sanftheit“. Als müsse er der Gefahr entgehen, ebenfalls zur Sanftheit – oder zu Schlimmerem – verführt zu werden, setzt Dulics mit standhafter, aufrechter Brutalität seine schon am Vortag begonnene Folter-Arbeit fort. Auch diesmal wird der Junge, Zeichen seiner Schwäche, während der Misshandlungen ständig ohnmächtig. In einer dieser Zwangspausen erfährt Dulics, dass ein Mitgefangener des Jungen alles verraten habe; Informationen brauche man keine mehr: „Du brauchst dich nur noch mit ihm zu amüsieren, hörst du.“ So beginnt er erneut mit der Folterung, die nun keinen Zweck mehr hat als nur zu foltern: „Und darum werde ich dich jetzt quälen“, sagt er dem Jungen: „Nicht damit du redest, sondern damit du leidest.“
Die Helfer und Handlanger werden hinausgeschickt, eine intime Situation entsteht. In brutaler Abwehr der Verführungskraft, die von dem Jungen ausgeht, und der Abwehr einer möglichen Lust, einer Abwehr, die wiederum Lust erzeugt, inszeniert Dulics eine hemmungslose Orgie. Mit Hilfe eines Trichters zwingt er den Jungen, literweise Wasser zu trinken – gleichzeitig eine Perversion des Nährens und der sexuellen Begegnung. Schließlich stößt er ihm mit aller Gewalt den Trichter ins Fleisch, Gewalt und Lust werden ununterscheidbar, und „das Todesröcheln klang in seinen Ohren wie ein Stöhnen der Liebe“. Im Augenblick des Tötens aber vermischt sich für Dulics das Bild des Jungen mit dem Bild seines Jungen: „Ich bringe meinen eigenen Sohn um, dachte er ungläubig.“ [...]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.
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