archivierte Ausgabe 1/2006 |
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Ton Zondervan |
Von der Säule zum Netzwerk |
Die religiöse Bildung holländischer junger Erwachsener in einer „nachkirchlichen Ära“ |
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Die holländische Gesellschaft ist eine der am stärksten säkularisierten Gesellschaften der Welt. Das heißt aber nicht, dass die Religion völlig aus ihr verschwunden wäre. Man sollte besser von einer Entinstitutionalisierung der Religion, von „Entkirchlichung“ sprechen. Die Zahl der Kirchenmitglieder geht zurück, und das Interesse an der Religion nimmt andere Formen an, die sich zumeist außerhalb der traditionellen religiösen Institutionen finden. In diesem Beitrag geht es um einen Teil dieser umfassenden kulturellen Entwicklung. Meine zentrale Frage ist folgende: Wo finden junge Menschen den geeigneten Raum und die angemessene Möglichkeit, mit ihren religiösen Fragen umzugehen, wenn sie dies alles im traditionellen Rahmen (von Familie, Schule und Kirche) nicht mehr finden? Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie wir uns der Religion selbst annähern.
Junge Erwachsene und die Religion in einer vernetzten Gesellschaft
Religiöse Bildung nach dem Prozess der Entkirchlichung In den konfessionellen Säulen der versäulten holländischen Gesellschaft wurden die jungen Menschen in Familie, Schule und Klub- oder Jugendarbeit erzogen. In all diesen pädagogischen Settings spielte die Kirche eine wichtige Rolle. Daher entwickelten die jungen Leute ein tief verwurzeltes Gefühl der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe in der holländischen Gesellschaft mit ihrer jeweiligen religiösen Identität. Durch den Wegfall der Säulen seit den 1960er Jahren ist hier ein radikaler Wandel eingetreten. Empirische Untersuchungen machten sichtbar, dass 70 Prozent der nach 1970 geborenen Holländer sich selbst als „nicht kirchlich gebunden“ betrachten oder dies faktisch sind. Für Menschen, die nach 1980 geboren sind, dürfte der Prozentsatz noch höher sein. In den meisten Familien finden wir kaum noch eine religiöse Erziehung von Kindern durch die Eltern vor. Und auch Klub- und Jugendarbeit haben ihre religionspädagogische Funktion weitgehend verloren. Sehr häufig ist die Schule der einzige Raum, in dem die jungen Holländer noch eine gewisse organisierte Bildung in Religion und Lebensphilosophie erhalten. Diese Erziehung hat streng kognitiven Charakter und dient, anders als in der Vergangenheit, nicht mehr dazu, junge Menschen zum Engagement für eine bestimmte religiöse Tradition zu führen.
Was ich beschrieben habe, ist der Niedergang der religiösen Erziehung, so wie sie junge Leute lange genossen haben. Doch die jungen Menschen von heute sind auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene nach wie vor mit religiösen Fragen konfrontiert. Um mit ihnen umgehen zu können, brauchen sie bestimmte Fähigkeiten. Und um diese Fähigkeiten zu entwickeln, brauchen sie Wissen und Erfahrung. [...]
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