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Leseprobe 2
Herbert Schlögel
Moral und Pastoral
Berührungspunkte
Die Verbindung von ethischen Fragen und pastoralen Herausforderungen an unterschiedlichen Stellen ist in der Kirche seit langem bekannt und wird auch seitens des Lehramts immer wieder thematisiert. Für die Geschichte des Faches Moraltheologie ist es bedeutsam, dass im Gefolge des Trienter Konzils (1521–1545) die Jesuiten 1599 einen eigenen Lehrstuhl für „Gewissensfälle“ errichteten. Aufgabe war es, die zukünftigen Priester besonders für den Dienst bei der Beichte vorzubereiten und die dort auftauchenden Fragen und ,Fälle‘ zu erörtern. Dabei griff man eine Tradition auf, die seit dem Frühmittelalter in der Kirche bekannt war: die Bußbücher, die dem Klerus helfen sollten, bei der Beichte die entsprechenden Bußauflagen zu geben. Das war in einer Zeit, in der die Priesterausbildung aufs Ganze gesehen sehr rudimentär war, eine hilfreiche Einrichtung. Ungerechtigkeiten konnten dadurch eingedämmt bzw. verhindert werden. (Übrigens war die mangelnde theologische Bildung der Priester ein Grund, warum Dominikus und seine Brüder dem Studium einen so hervorragenden Platz einräumten.) Dass sich sowohl die Moral als auch die Pastoral – wie die sie beiden reflektierenden theologischen Wissenschaften – heute einem breiteren Spektrum zu stellen haben, braucht man nicht eigens hervorzuheben. Um die Berührungspunkte besser charakterisieren zu können, ist es nützlich, die Begriffe Moral und Pastoral etwas näher zu erläutern.

Moral und Pastoral – Begriffsbildung

Normalerweise wird Moral profan verstanden als „moralische Einstellung und Haltung eines Einzelnen, eines Typs der gesellschaftlichen ... oder der gesamtgesellschaftlichen ... Moral“. Hier bezeichnet sie „das sittliche Handeln des Christen im Licht des Glaubens“. Moraltheologie, die heute meist synonym mit Theologischer Ethik verwendet wird, ist dann die Wissenschaft, „die die Bedeutung des Glaubens für die richtige und gute Gestaltung des menschlichen Lebens reflektiert“. Pastoral, oft wird auch der Begriff Seelsorge verwendet, meint die Aufgabe der Kirche, „Heilszeichen für die Welt“ zu sein. Es geht darum, „Gott präsent zu machen“, sich dafür einzusetzen, dass die Menschen die „volle Einheit in Christus erlangen“ (LG 1), um die menschliche Gesellschaft auf das kommende Reich Gottes hin „umzugestalten“ (vgl. GS 40). Von daher ist der Aufbau und die Gestaltung des Lebens in Gemeinde und Kirche in Angriff zu nehmen.

Pastoraltheologie bedeutet, „die gegenwärtige christlich-kirchliche Praxis auf der Ebene der einzelnen Biografie, der Gruppen und Gemeinden sowie der Kirche(n) in ihren kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten auf Zukunft hin, d.h. im Verheißungshorizont der Herrschaft Gottes“ zu bedenken. [...]


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