archivierte Ausgabe 3/2005 |
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Peter Spichtig |
Liturgische Nächte |
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Noch heute spielt sich auf mancher Alp der Zentral- und der Ostschweiz im Sommer allabendlich das gleiche Ritual ab: Der Älteste stellt sich bei Sonnenuntergang an erhöhtem, exponiertem Punkt hin und singt den Betruf oder Alpsegen. Einen hölzernen Milchtrichter als Megaphon vor den Mund gehalten, steht er da und singt eine überlieferte, von Region zu Region variierte Litanei in lydischem Modus über die Alp. Nach dem Johannesprolog wird von der allerseligsten Jungfrau über Antonius den Einsiedler (dem „Säuli-Toni“) bis hin zu den Bauernheiligen Wendelin und Bruder Klaus alles bemüht, was im Himmel Rang und Namen hat, die Alp nachts zu schützen: dann, wenn die sonst so nüchternen und bodenständigen Sennen „es“ nicht mehr im Griff haben; wenn sie, da sie schlafen, nicht mehr abschätzen können, ob innert einer Viertelstunde der Sturm kommen und Leib und Leben von Vieh und Mensch gefährden könnte. Ein germanischer Bannspruch über die Mächte der Finsternis aus archaischen Zeiten wird irgendwann (vermutlich erst nach 1600) ,getauft‘ und lebt als Fürbittgebet weiter.
Kulturanthropologische Universalien
Die Begriffspaare Tag/Nacht und Licht/Finsternis gehören zum universalen Symbolrepertoire. Das kosmische Gesetz der Gestirnrotation prägt seit jeher alles Leben auf Erden auf archetypische und nachhaltigste Weise. Der zyklisch wiederkehrende Ablauf von Licht und Finsternis im Zusammenhang mit den Himmelskörpern – der hell alles überstrahlenden Sonne, dem geheimnisvoll schwach-kalt und an- und abschwellend leuchtenden Mond und den rätselhaften Sternbildern – hat die Menschen zu allen Zeiten nach Deutungsschemata suchen lassen. Dass die „täg“-lich wiederkehrende relative Finsternis der Nacht während Jahrtausenden eine existenzielle Verunsicherung oder gar Gefahr für die Menschen darstellte, ist für uns urbane Zeitgenoss/-innen nur mehr schwer nachvollziehbar. Der Alpsegen ist ein Beispiel eines anachronistisch anmutenden Momentes in unserem postmodernen Lebenskontext, das auf die existenzielle Anfrage der Nacht – einer der Ur-Fragen der Menschheit – verweist. Er ist insofern auch ein schönes Beispiel einer organisch gewordenen „Liturgie“, die von einer existenziellen Erfahrung ausgeht und diese im Licht des (inzwischen) christlichen Glaubens deutend rituell „verarbeitet“: vor Gott ins Gebet bringt. Im christlichen Gottesdienst bringt der Mensch seinen Glauben an Gott und die Kommunikation mit ihm gemeinschaftlich zum Ausdruck. Er bedient sich dabei notwendigerweise symbolischer Ausdrucksformen: das Wort als vieldeutiger Sprechakt, als Schrift oder Metapher, die Körperhaltung, der Gesang, symbolische Handlungen und verschiedene künstlerische Ausdrucksformen. [...]
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