archivierte Ausgabe 3/2022 |
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Leseprobe 2 |
DOI: 10.14623/wua.2022.3.118-123 |
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Britta Müller-Schauenburg |
Berufung zum Ordensleben – Berufung zur Wissenschaft |
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Legt man eine alltagssprachliche Bedeutung von ‚Berufung‘ zugrunde (ungefähr: das subjektive Empfinden von Begeisterung in Verbindung mit Begabung für eine Sache, die als sinnvoller Beitrag in der Welt erlebt wird) stehen die Berufung zum Ordensleben und zur Wissenschaft nicht in Spannung zueinander. Im Gegenteil. Vor allem ein Theologiestudium und die damit verbundene intensivere Auseinandersetzung mit dem Glauben führt manchmal in ein Ordensleben.
Eine historisch getragene Symbiose
Neben einschlägigen Studieninhalten sind auch persönliche Eigenschaften gleichermaßen in beiden Berufungen relevant. Für beide Wege braucht es ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Es sind Wege, die jeweils wenige gehen. Man muss Einsamkeit ertragen können, obwohl sowohl Wissenschaft als auch Ordensleben strukturell hochkommunikative Felder sind. Das zieht nicht selten, im einen wie im anderen Fall, extrem originelle Persönlichkeiten an. Und bis zu einem gewissen Grad passen sie. Schließlich erfordern beide Wege Konzentration, Durchhaltevermögen und Freude am tieferen Suchen nach der Wahrheit. Auch eine asketische Veranlagung ist daher wichtig für beide Berufungen.
Historisch waren die Orden vom Beginn ihrer Entstehung an die Wissenschaftsorte schlechthin. Die Entwicklung der heutigen Universität lag weitgehend in ihren Händen: Die frühmittelalterlichen Klosterschulen waren Einrichtungen der Benediktiner, die hochmittelalterliche Philosophie und Theologie verdankte sich weitgehend der außerordentlich produktiven Konkurrenz von Franziskanern und Dominikanern, und selbst bei der Entwicklung von Naturwissenschaften und moderner Philologie mischten Jesuiten noch kräftig mit.
Ein ähnliches Anforderungsprofil für „Berufene“ und eine historische Verbindung von Anfang an – das klingt nach einer bleibend idealen Kombination. Und auch die Bibel betont immer wieder: Die wahre Wissenschaft beginnt und vollendet sich im Lob Gottes. So gesehen sind eine Berufung zur Wissenschaft und einer Berufung zum Ordensleben im Grunde zwei Wegweiser auf zwei Formen desselben Weges.
Eine hartnäckig zunehmende Unverträglichkeit
Tatsächlich stehen eine Berufung zur Wissenschaft und eine Berufung zum Ordensleben, wo sie gemeinsam in einer Person gleichzeitig vorliegen, zueinander jedoch oft in großer Spannung, die umso wirksamer wird, je mehr eine Person akademisch voranschreitet. Warum ist das so? Es lassen sich eine alltagspraktische und eine systematische Schwierigkeit beschreiben.
Praktisches Problem Gemeinschaft Die alltagspraktischen Probleme sind teilweise ähnlich denen, die sich für Wissenschaftler mit Familie ergeben: Es kann schwierig bis unmöglich werden, die für die Konzentration notwendigen Zeiträume freizuhalten von Störungen. Gemeinsame Mahlzeiten und Gebetszeiten passen ebenso wenig wie Festtage. Internationale Wissenschaft erfordert auch eine hohe Mobilität. Zieht die Gemeinschaft mit um, wenn eine Stelle gefunden wird? Bei einer Familie entscheiden die Eltern selbst. Bei einem Ordensmitglied muss die Oberin ggfs. mit ihrem Rat beteiligt werden. Und trotzdem, strukturell ist das Problem der eingeschränkten Flexibilität und Verfügbarkeit dasselbe wie bei einer Familie.
Eine spezielle Schwierigkeit hat zu tun mit dem institutionellen Rahmen der Gemeinschaft, und hier unterscheiden sich Orden untereinander. Ordensgemeinschaften haben eigene Hochschulen, oder sie haben sie nicht. Wenn eine Hochschule vorhanden ist, wird manches leichter. Auf dem Weg zur Professur reicht die Bereitschaft und die „ausreichende“ Befähigung des Mitglieds verbunden mit dem entsprechenden Personalbedarf. Spätestens ab Beginn der Promotion weiß das Mitglied dann, dass (und evtl. sogar wo) es einen Lehrstuhl bekommen wird. Es muss sich nicht gegen Konkurrenz durchsetzen. Und es hat – und das ist nicht zu unterschätzen – innerhalb der Ordensgemeinschaft Gefährten, die ebenfalls in der Wissenschaft tätig sind. Es kann seine Arbeit innerhalb der Gemeinschaft reflektieren und diskutieren. Wenn hingegen keine eigene Hochschule vorhanden ist, steht kein Lehrstuhl reserviert bereit, während alle Erschwernisse durch die Gemeinschaft vollumfänglich zu Buche schlagen. An dieser Stelle ist ein, aus anderen Kontexten bekanntes, Problem zu erwähnen: Es gibt signifikant seltener eigene Hochschulen von Frauenorden als von Männerorden. Es gibt viele promovierte Ordensfrauen. Aber sie bekommen nicht viele Dozenturen und Professuren. Zumindest im deutschsprachigen Raum gibt es auch keine Ordensoberin, die ihre Schwestern auf Lehrstühle einer eigenen Hochschule senden kann. Eine Frau muss sich also zwischen einer Berufung zur Wissenschaft und einer Berufung zum Ordensleben härter entscheiden als ein Mann.
Die Gemeinschaft ist natürlich nicht nur eine Störung – das wäre eine falsche Schlussfolgerung aus dem Versuch einer Beschreibung von spezifischen Problemen für eine Wissenschaftslaufbahn. Sie kann auch eine Quelle der Freude sein. Sie trägt. Die Tätigkeit in der Wissenschaft ist für ein Mitglied eines Ordens durchweg bereichert durch die ständige Kontaktnahme mit ganz anderen Themen und Fragen, auch im Gebet. Es kann auch sein, dass die Freude an der Erkenntnis sich nährt aus der Freude an Gott. [...]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.
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