archivierte Ausgabe 4/2016 |
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Leseprobe 2 |
DOI: 10.14623/wua.2016.4.176-181 |
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Ulrich Engel OP |
Polydoxie |
Theologische Suchbewegungen im Feld des Ungewissen |
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Derzeit hat die Theologie kaum Konjunktur – zumindest gilt das für ihre katholische Variante. Im Konzert der Wissenschaften behauptet sie nur mühsam ihren Stand und sowohl von Seiten der Kirchenoberen als auch von der gemeindlichen Basis wird ihr nicht (mehr) viel zugetraut. Statt (pastoral-)theologischer Dispute bestimmen Verwaltungsakte und Machbarkeitsstudien das Ringen um die ekklesiale Zukunftssicherung, und in mancher Ministerialbürokratie wird – oft noch hinter vorgehaltener Hand – über die Schließung von Fakultäten nachgedacht. Mit der Emeritierung des Mainzer Bischofs Kardinal Karl Lehmann ist jüngst das letzte theologische und wissenschaftspolitische Schwergewicht aus der Deutschen Bischofskonferenz ausgeschieden, und auch potentielle Studieninteressentinnen und -interessenten am Fach Katholische Theologie machen sich rarer und rarer.
Theologie im Singular – Theologien im Plural
Parallel zu den aufgezählten Entwicklungen differenziert sich die Theologie immer weiter aus. Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, hat sich jüngst in der Herder Korrespondenz kritisch zu dieser Tendenz geäußert. Zwar habe es immer schon eine theologische Pluralität gegeben, doch erkennt Müller gerade heute „auch eine scheinheilige Berufung auf die Vielfalt der Theologie, um sozusagen die zentrifugalen Kräfte zu favorisieren und die Universalkirche handlungsunfähig zu machen.“ (M/21) Deshalb müsse der Maßstab für eine legitime theologische Pluralität die „Einheit des Glaubens“ (M/21) sein. Dieser Glaube wiederum verlange – als Voraussetzung und Ziel zugleich – eine ekklesiale Einheit, denn „[d]ie Einheit der Kirche ist Gegenstand und Inhalt des Glaubens“ (M/21). Aus genau diesem Grund, so Müller weiter, könne und dürfe die Kirche sich „nicht zersplittern in […] unterschiedliche theologische Schulen, die nicht kompatible Programme bespielen.“ (M/21)
Es fällt auf, dass Müller im hier zitierten Interview (wie an anderen Stellen auch) durchgängig von ‚der‘ Theologie im Singular spricht. Für ihn existieren allein „die Einheit der Theologie und verschiedene Zugangsweisen, die sich geschichtlich entwickelt haben.“ (M/19) Theologien im Plural sind für ihn nicht denkbar. In der historisch gewordenen Multiperspektivität der Theologie erkennt Müller eine Entwicklung, die der Moderne mitsamt ihren funktionalen Ausdifferenzierungen geschuldet sei: „Natürlich ist die Gesellschaft vielstimmig […]. Es gibt eine Vielfalt der philosophischen Ansätze. Und auch die Einzelwissenschaften haben sich ausdifferenziert, so dass die Gesamtheit des Wissens und der große Zusammenhang von keinem noch so großen Universalgenie mehr umfasst werden kann.“ (M/21) Diese geschichtliche Entwicklung zeitige Konsequenzen auch für die wissenschaftstheoretische Bestimmung der theologischen Reflexion. Vor dem Hintergrund der als Maßstab gesetzten „Einheit der Theologie“ (M/19) warnt Müller: „[M]it der durch die Quantität des Stoffes bedingten Aufgliederung der Theologie ist leider auch die Gefahr entstanden, dass jeder [Theologe] sein Fach vom Ganzen des Glaubens und der Theologie trennt.“ (M/19)
Gottes Selbstoffenbarung als Maßstab der Theologie Wie, so ist nun zu ermitteln, kann angesichts der Tatsache, dass in der Spätmoderne weder das Wissen insgesamt umfasst werden kann noch dessen Ordnungszusammenhang definitiv einsehbar ist, die geforderte Einheit des Glaubens, der Kirche und der Theologie garantiert werden? Zu fragen ist nach der Begründung umso mehr, als dass Müller – m.E. zu Recht – festhält: „Die Einheit des Glaubens und der Kirche ergibt sich nicht aus der Sehnsucht nach Übersichtlichkeit. Dann wäre die Einheit eine Funktion unseres Wollens.“ (M/21) Gleiches gilt (gemäß dem oben beschriebenen konstitutiven Zusammenhang von Glaube, Kirche und Theologie) auch für die Einheit der Theologie.
Müllers begründungslogische Antwort zielt ad intra und kommt in klassisch dogmatischer Diktion daher: „Trotz verschiedener Schulen und unterschiedlicher Deutungen und Auslegungen ist die Kirche in ihren Entscheidungen definitiv auf die Offenbarung festgelegt. Das kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.“ (M/21) Im Anschluss an diese Aussage stellen sich zwei fundamentaltheologisch relevante Fragen:
1. Warum sollte gerade die Kirche mitsamt ihrer theologischen Reflexionsgestalt von der „Wissensordnung der Moderne“ und ihren soziokulturell bedingten Kontingenzen unabhängig sein? Anzufragen ist hier das Müllers Begründung einleitende Wörtchen „trotz“.
2. Wie kann der von Müller (mit gutem Recht) ins Spiel gebrachte Offenbarungsbegriff als unhintergehbar wahr behauptet werden, wenn Philosophie und Sozialwissenschaften alle gegenwärtigen Wissensbestände – einschließlich aller Glaubensbegründungen – als vorläufig und somit überholbar und veränderbar einstufen? [...]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.
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