archivierte Ausgabe 2/2015 |
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Carmen Tatschmurat |
Den Eigenen Gott gemeinsam suchen |
Zukunftsperspektiven monastischer Gemeinschaften |
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Wenn über die Zukunft monastischer Gemeinschaften nachgedacht werden soll, zielt der Blick in zwei Richtungen: nach innen und nach außen. Wie können wir heute glaubwürdig nach den alten Regeln leben? Und wie können wir so leben, dass wir in die Gesellschaft hinein attraktiv, anziehend, sind? Als echte Alternative für jene, die den Weg der Gottsuche gehen wollen?
Der Eigene Gott und das Gemeinsame Leben
Wir sind Kinder der Freiheit. Manche von uns sind nach 1945 im Westen Europas geboren, andere haben das Ende der Diktatur des Nationalsozialismus bzw. des real existierenden Sozialismus erlebt. Die tschechischen Schwestern unserer Kommunität etwa mussten die Samtene Revolution von 1989 in ihren ersten Schuljahren verdauen: Lehrer, die von einem Tag auf den anderen Gegenteiliges verkündeten, Werte, die nicht mehr galten. Eine hohe Sensibilität für Unaufrichtigkeit ist die Folge. – Wir alle sind geprägt von der Individualisierung, die seit über hundert Jahren in soziologischen Analysen zur Erklärung vielfältigster Phänomene herangezogen wird. Und nun kommen die Digital Natives in die Klöster, die Generation, die ganz selbstverständlich mit digitalen Medien aufgewachsen ist. Sie kennen die Doppelgesichtigkeit der Globalisierung: Verheißung von Freiheit und grenzenloser Kommunikation einerseits, globale Betroffenheit von kapitalistischer Ausbeutung, Umweltzerstörung, Armut, Kriegs- und Krisenherden andererseits. Sie wissen: Die Welt will – und muss – immer neu selbst gestaltet werden.
Was heißt das für die Gottesbeziehung? Genauer: Was heißt es dafür, wie Gottsuche im Kloster heute gelebt werden kann? Dazu ein paar Blitzlichter.
Dem Unplanbaren Raum geben
In einem Gespräch mit einer jüngeren Schwester beschäftigte uns die Frage, ob es „erlaubt“ sei, sich mitten am Vormittag zum Gebet in das Zimmer und dort in einen bequemen Sitzsack zurückzuziehen. Als ich meinte, ich würde mir das eher nicht erlauben, kam die Antwort: Das solltest du aber tun, wenn es dran ist! Wir erwarten das von Dir!
Wir wollen als Ordensleute nicht dem schieren Individualismus Raum geben. Wir sind nicht angetreten, um jeweils nachzuspüren, was grade für mich „dran“ ist und dies dann vielleicht gar noch zu überhöhen als „gottgewollt“, etwa: ER will, dass ich jetzt bete und nicht, dass ich mich in den Spülplan eintrage. Andererseits: Warum nehmen wir uns nicht die Freiheit, Gott den Raum zu geben, den Gott uns manchmal unerwartet und auch ungelegen öffnet? Sind wir nicht immer wieder in Gefahr, die Regeln, die Strukturen, die Finanzen, ja, auch die sozialen und seelsorglichen Aufgaben, vor die Pflege der Gottesbeziehung zu stellen? Oder, anders formuliert, haben wir nicht die Vorstellung, dass zuerst etwas abgearbeitet werden muss, um dann frei zu sein für Kontemplation, für Lesung? Wir sprechen viel davon, dass es darum geht, ganz in der Gegenwart zu sein – und sind doch allzu oft meilenweit davon entfernt. Eine Erzählung aus der Vita Benedikts beschreibt, wie der heilige Benedikt vor der Vielfalt der Stimmen und Eindrücke flieht. Und gerade durch das, was er dann ungeplant erlebt, kann seine Geschichte weitergehen.
„Er kann sich nur schützen, indem er unwillkürlich auf Abstand geht. Auf der Flucht – sie spricht eher für ein ungeplantes Handeln – trifft er den Mönch Romanus. In der Begegnung schwingt ebenfalls etwas Zufälliges und Unerwartetes mit, das sich dem planenden Zugriff entzieht. Wenn wir als Nonnen und Mönche ein Gespür für eine Begegnung im Kairos entwickeln und uns nicht völlig von unserem Planen in Beschlag nehmen lassen, können wir unsere Zeit als Raum für unvermutete und unplanbare Begegnung mit Gott und den Menschen entdecken.“
Zukunft der Orden?
Wir kennen die Bestandsaufnahmen zu Gegenwart und Zukunft der Orden: Abnehmende Eintritts- und hohe Austrittszahlen, hoher Altersdurchschnitt. Einiges ist schlicht der demographischen Entwicklung gezollt (keine kinderreichen Familien mehr), anderes versuchen wir zu erklären mit Stichworten wie „Bindungsschwäche“, „Vielfalt der Optionen“ usw. Wir sagen, die Zeit der apostolischen Werke, die die Klöster hochgezogen haben, ist vorbei, es braucht keine Orden, um ein Krankenhaus oder eine Schule zu führen. Frauen müssen in unseren Breiten längst nicht mehr ins Kloster eintreten, um an Bildung zu partizipieren oder gesellschaftlich anerkannt ohne Partner zu leben. Die Analysen sind gemacht. Aber: Welche Konsequenzen sollen wir daraus ziehen? Hören wir die Stimme einer Frau, die weiß, dass jede Stunde die letzte sein kann: „Es sind schlimme Zeiten, mein Gott. […] Ich verspreche dir was, Gott, nur eine Kleinigkeit: ich will meine Sorgen um die Zukunft nicht als beschwerende Gewichte an den jeweiligen Tag hängen, aber dafür braucht man eine gewisse Übung. Jeder Tag ist für sich selbst genug. Ich will dir helfen, Gott, dass du mich nicht verlässt, aber ich kann mich von vornherein für nichts verbürgen. Nur dies eine wird mir immer deutlicher: dass Du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns letzten Endes selbst. Es ist das einzige, auf das es ankommt: ein Stück von dir in uns selbst zu retten, Gott. Und vielleicht können wir mithelfen, dich in den gequälten Herzen der anderen Menschen auferstehen zu lassen.“ [...]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.
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