archivierte Ausgabe 3/2011 |
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Phillip Wüschner |
Die teuflische und die göttliche Geste |
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Der 922 n. Chr. wegen Ketzerei, Anmaßung und dem Vorwurf der Zauberei gekreuzigte Sufi Mansur al-Hallaj überliefert uns die bekannte Geschichte des Engelsturzes in einer bemerkenswerten Variante: Nachdem alle Engel und Kreaturen dem Befehl Gottes folgend sich vor Adam verneigen, verweigert Iblis (arab.: der Enttäuschte) die Anbetung (Sure 38,72). Al-Hallaj nimmt jedoch, im Unterschied zum Koran, eine entscheidende Verschiebung in den Beweggründen des Dschinn vom Psychologischen ins Theologische vor. Al-Hallajs Iblis sieht sich durch den Befehl Allahs nicht in seiner Eitelkeit gekränkt, sondern einem dogmatischem double-bind ausgeliefert. Verweigert er die Anbetung, missachtet er einen Befehl Gottes und verletzt dessen Autorität, folgt er aber dem Befehl, so missachtet er das tauhid, die monotheistische Haltung, welche die Anbetung anderer Wesen verbietet. In al- Hallajs Erzählung durchkreuzt Iblis mit einer höchst dialektischen Entscheidung das göttliche double-bind. Er missachtet um des höheren Glaubensgrundsatzes willen den Befehl des Herrn und bezeugt seine Gottesliebe in der bewussten Annahme der ewigen Trennung von eben diesem Gott. Als das Böse und als Versucher verwirklicht er seine Anbetung und ruft aus: „Mein Aufruhr heißt: Dich heilig zu erklären!“
Der erste Märtyrer
Al-Hallajs „Figuration des Teufels als schahid“, als Zeuge, zeigt das Dilemma des Märtyrers. Er tritt zwangsläufig als Doppelgestalt auf: als Heiliger und Ketzer, als Erlöster und Verlorener, als Retter und Terrorist. Die schiere Wucht seines Aktes, seine gelegentlich wörtlich zu verstehende Sprengkraft, machen ihn zu einer rastlosen Figur, für die keine Wissenschaft und keine Religion vollständig verantwortlich zeichnen möchte. Nicht zuletzt deswegen wird der Märtyrer immer wieder in den Raum der Fiktion und Legenden abgeschoben, von wo aus er allerdings, aufgeladen und verklärt, mit der ihm eigenen Rigorosität Wiedereintritt in die politische Wirklichkeit fordert. Eine ethische oder konfessionelle Eingrenzung der Märtyrerfigur ist also nicht nur aus historischer Perspektive schwer zu begründen, sie erzeugt darüber hinaus ebenjene Ausgrenzung, aus der sich der Märtyrer ursprünglich motiviert sieht. Die Anerkennung des Martyriums bleibt gebunden an die Anerkennung dessen, wofür der Märtyrer gestorben ist, aber die Geste, die seine Tat begleitet, kann erkannt werden, ohne anerkannt zu sein. Diese Geste soll im Folgenden skizziert werden.
Marsyas und der hl. Bartholomäus
Die meisten Ikonografien setzen erst nach dem Martyrium ein und zeigen den Märtyrer mit dem Instrument seiner Folter als Attribut seines Sieges in den Händen. Eine Ausnahme bildet das Martyrium des Bartholomäus, wie wir es auf einer Radierung von José Ribera von 1624 sehen. Bartholomäus hängt, das linke Knie auf einem Stein abgestützt, an einem Baumstamm, während mit konzentriertem Blick sein Schinder, das Messer zwischen den Lippen, ihm die Haut seines linken Armes abzieht. Der Apostel spürt die Schmerzen, sein Mund ist zu einem Stöhnen geöffnet, aber sein Blick, nach rechts oben, weist dem Betrachter den Weg aus der grausamen Szene zur Erlösung. Diametral zum anvisierten Ort der Erlösung, links unten am Bildrand, ist der abgeschlagene Kopf einer antiken Apollo-Statue zu sehen. Ribera verweist damit diskret auf die Zwillingsszene in der antiken Mythologie: die Häutung des Marsyas, der für seine Hybris, Apoll herausgefordert zu haben, grausam bestraft wird. [...]
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