archivierte Ausgabe 4/2010 |
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Andreas Jacobs |
Die rechtliche und politische Situation der ägyptischen Christen |
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Für die ägyptischen Christen war es kein fröhliches Weihnachtsfest. Als am Abend des 6. Januar 2010 die Gläubigen im oberägyptischen Nag Hammadi die Christmette verlassen, eröffnen Unbekannte aus einem vorbeifahrenden Auto das Feuer. Acht Menschen sterben, viele werden verletzt. Kurz darauf kommt es im ganzen Land zu schweren Ausschreitungen zwischen aufgebrachten Christen und Muslimen – und zu einem breiten Medienecho. Schlaglichtartig lenken die Morde von Nag Hammadi die ägyptische und die internationale Aufmerksamkeit auf das sich seit längerem zuspitzende Verhältnis zwischen der muslimischen Bevölkerungsmehrheit und der christlichen Minderheit. Menschenrechtsorganisationen, Regierungen und internationale Organisationen kritisieren die abnehmende Religionsfreiheit in Ägypten und prangern gewaltsame Übergriffe und die systematische Diskriminierung von Christen an. Allein zwischen Januar 2008 und Januar 2010 wurden in Ägypten mehr als fünfzig gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen behördlich gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte meist höher liegen. Was sind die Hintergründe und Ursachen für das schwieriger werdende Verhältnis zwischen muslimischer Mehrheit und christlicher Minderheit? Welche gesellschaftlichen und politischen Konfliktlinien stehen hinter den religiösen Spannungen?
Das Christentum in Ägypten
Die ägyptischen Christen, die unabhängig von ihrer Konfession alle als „Kopten“ (Griechisch für „Ägypter“) bezeichnet werden, blicken auf eine lange Geschichte zurück. Bereits die Heilige Familie hatte nach der Überlieferung am Nil Zuflucht gefunden. Ägypten war das erste christianisierte Land der Welt. Die Koptisch-orthodoxe Kirche 1 gehört zu den ältesten weltweit. Mit den muslimischen Eroberungen des 7. Jahrhunderts wurde Ägypten dann nach offizieller muslimischer Lesart ein islamisches Land. Tatsächlich vollzog sich die Islamisierung wesentlich langsamer. Fachleute vermuten, dass Ägypten bis ins 15. Jahrhundert mehrheitlich christlich geprägt war. Heute sind schätzungsweise etwa 10% der Ägypter Christen. 90% hiervon gehören der orthodoxen Kirche an. Die Kopten stellen damit die größte christliche Minderheit aller muslimisch geprägten arabischen Länder. Anders als die dortigen Glaubensbrüder kennen die ägyptischen Christen keine Nachwuchssorgen. Die Kirchen sind voll, das Mönchtum erlebt in Ägypten einen Boom. Überall werden trotz behördlicher Beschränkungen Kirchen und Klöster gebaut und koptisches Leben ist fast im ganzen Land präsent. Auch das Verhältnis zur muslimischen Mehrheitsgesellschaft ist traditionell entspannter als anderswo. Es gibt keine ethnischen oder sprachlichen Unterschiede zwischen ägyptischen Christen und Muslimen. Der reichste Ägypter ist Christ und vermutlich auch der ärmste. Das koptische Erbe wird mit viel Aufwand gepflegt und auch im Alltag ist noch viel selbstverständliches Miteinander zu beobachten – allerdings mit abnehmender Tendenz.
Wegmarken der Abgrenzung
Viele Kopten verweisen auf den Militärputsch von 1952 als erste Wegmarke einer Geschichte zunehmender Ausgrenzung und Diskriminierung. Waren Kopten zuvor wie selbstverständlich in führenden Positionen des Staates zu finden, werden sie in der Nasser-Ära sukzessive aus Leitungspositionen verdrängt. [...]
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