archivierte Ausgabe 4/2013 |
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Richard Nennstiel |
Ist Maria politisch interessiert? |
Marienerscheinungen im 19. und 20. Jahrhundert |
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Die Französische Revolution von 1789 erschütterte den europäischen Kontinent. Das Volk, die Untertanen forderten politische Macht und stellten damit die von Gott gewollte hierarchische Ordnung in Frage. Wie die Kirche nach göttlichem Willen hierarchisch verfasst ist, sollte bis dahin auch die gesellschaftliche Ordnung diese Hierarchie widerspiegeln. Der König – von Gottes Gnaden – bildete mit den Fürsten die Spitze der Hierarchie. Der Klerus war ganz in diese Ordnung eingepasst. Bischöfe kamen fast ausnahmslos aus dem Adel. Der „einfache Klerus“ war genauso von den Bischöfen unterschieden wie das Volk vom Adel. Die ständisch gegliederte Gesellschaft entsprach der hierarchisch gegliederten Kirche. Und diese Gesellschaft und Ordnung wurde durch die Revolution grundsätzlich in Frage gestellt. Gab es wirklich eine göttliche Ordnung für die Gesellschaft? Der Umbruch vollzog sich allmählich. Denn die eine Infragestellung führte oft zu einer weiteren. Überkommenes wurde überdacht und Neuem gegenübergestellt. Die Emanzipationsprozesse erfassten nach und nach alle Bereiche.
Die Rolle der Kirche in der Gesellschaft
Der Fürstenstaat wurde zunehmend vom Nationalstaat überlagert und später ganz ersetzt. Welche Rolle kam nun der katholischen Kirche zu? Sie war theoretisch nicht national gebunden, sondern erhob den Anspruch auf Universalität. Haupt dieser universalen Kirche war der Papst. Ihm sollte die eigentliche Loyalität der Gläubigen gelten, da er sichtbares Zeichen des Fortwirkens und der Herrschaft Christi auf Erden war. In diesem Umbruch musste sich auch das Papsttum in der sich wandelnden Ordnung neu bestimmen. Es setzte eine Papstdevotion ein, die die Katholiken auf den Pontifex ausrichten sollte: er ist der eigentliche Bezugspunkt der Gläubigen, nicht Staaten oder Nationen. Diese Form der Papstdevotion ist keinesfalls mittelalterlich, sondern modern. Der Papst wurde systematisch als der gute Hirte, der Seelsorger, der Vater aufgebaut. Bilder mit dem Portrait des Papstes wurden populär und durch neue Drucktechniken günstig. Neue Medien und Kommunikationswege wurden genutzt, um die Zentrale besser mit der Peripherie zu vernetzen. Eine Zentralisierung nicht nur in Glaubensfragen, sondern vor allem in Frömmigkeitsformen setzte ein, die es so vorher nicht gegeben hatte. Die Gläubigen sollten im Papst nicht nur das geistliche Oberhaupt sehen, sondern er sollte in allen gesellschaftlichen und politischen Fragen die Positionen vorgeben, die von den Gläubigen umgesetzt werden sollten.
„Wir Katholiken haben glücklicherweise eine festgegründete, klare und abgeschlossene Weltanschauung, welche unser ganzes individuelles und soziales Leben umschlingt und uns die klarsten und sicherersten Grundsätze zur Lösung der ganzen sozialen Frage an die Hand gibt.“ Mittels des Glaubens konnten auch alle sozialen Fragen gelöst werden. P. Viktor Cathrein SJ gibt hier die gängige Auffassung des Lehramts wieder. In dieser Ordnung hatte auch die Frau ihre gottgewollte Aufgabe zu erfüllen.
Vereinheitlichung aller Bereiche
Die Vereinheitlichung aller Bereiche (Liturgie, Kirchenrecht) findet sich auch in den Frömmigkeitsformen wieder. „Bis zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hatte sich das Phänomen der Marienerscheinung soweit etabliert, dass es andere Formen religiöser Visionen verdrängte, die noch ein Jahrhundert zuvor weit verbreitet gewesen waren …“ Es gab kaum noch brennende Kruzifixe, Himmelsomen und andere Visionen. Die Jahrhunderte vorher waren gerade durch ihre vielfältigen Formen der Frömmigkeit, besonders der Volksfrömmigkeit geprägt. Marienerscheinungen häuften sich und nahmen eine gewisse Ähnlichkeit an. „Dieser Trend zur Gleichförmigkeit läßt sich allgemein auf verbesserte Kommunikationsformen zurückführen, spezifischer jedoch auf die zunehmende Standardisierung der Devotionsformen. So wurde insbesondere Lourdes zu einer Schablone für nachfolgende Erscheinungen.“
Marienerscheinungen
Der Inhalt der Offenbarungen bzw. Erscheinungen war zumeist nicht durch theologische Tiefe geprägt. Maria bat darum, es solle eine Kapelle errichtet werden; für die sündige Welt und die Sünder solle gebetet werden. Gelegentlich gab es auch geheime Offenbarungen, die nicht weitergegeben werden durften. „Betet zu meinem Sohn“, ist ebenfalls eine verbreitete Form. In wenigen Fällen wurden auch der Klerus und die kirchliche Hierarchie kritisiert. In diesen Fällen wurden die Offenbarungen schnell von den Autoritäten als nicht authentisch verworfen. Häufig stand auch gar nicht die Botschaft im Zentrum, sondern die Erscheinung Mariens an sich übte eine große Faszination aus. Das Himmlische zeigte sich auf Erden. Es gab eine Verbindung zum Himmel. Für einen Moment war die Schönheit des Himmels gegenwärtig, die Grenze zwischen Himmel und Erde aufgebrochen. Dabei erscheint Maria vor allem zwei Gruppen von Frauen. (Männer spielen keine gewichtige Rolle bei den Erscheinungen selbst. Erst wenn sie kirchlich sanktioniert werden müssen, kommen sie ins Spiel). Die erste Gruppe sind Mädchen und Frauen, die in schwierigen Situationen sind. Häufig sind es Mädchen, die unter einer schweren oder unheilbaren Krankheit leiden, Waisenkinder oder Ausgestoßene. [...]
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